- Christina Kotnik, MSc
- 9. Feb. 2023
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 20. Sept.

Als Psychologin finde ich es spannend, den menschlichen Geist und die verschiedenen psychologischen Mechanismen zu ergründen, die unsere Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen beeinflussen. Zwei der faszinierendsten Konzepte in diesem Bereich sind das Impostor-Syndrom und der (weniger bekannte) Dunning-Kruger-Effekt. Die beiden Phänomene finden sich an den gegensätzlichen Enden des Selbstwahrnehmungsspektrums wieder. Das Impostor-Syndrom steht mit einer fälschlicherweisen Unterschätzung der eigenen Fähigkeiten und Leistungen in Verbindung, während der Dunning-Kruger-Effekt inkompetente Menschen beschreibt, die ihr Wissen und Können überschätzen.
„Das war nur Zufall – eigentlich bin ich richtig dumm und kann nichts“
Solche Gedanken sind typisch für das Impostor-Syndrom. Bei dem psychologischen Phänomen sind Personen davon überzeugt, inkompetent zu sein und ihre Erfolge nicht verdient zu haben. Trotz vorhandener und nachgewiesener Fähigkeiten, fühlen sich Betroffene oft wie Hochstapler (engl. impostor) und fürchten, als solche entlarvt zu werden. Dieses Phänomen wurde erstmals 1978 von den Psychologinnen Pauline R. Clance und Suzanne A. Imes beschrieben. Ihre Studie war eine der ersten, die das Impostor-Syndrom definierte und beschrieb. Die Autorinnen führten ausführliche Interviews mit 150 erfolgreichen Frauen durch und stellten fest, dass viele von ihnen trotz ihrer nachgewiesenen Fähigkeiten, Gefühle des Selbstzweifels und der Unzulänglichkeit verspürten. Clance und Imes beschrieben das Impostor-Syndrom als ein Verhaltensmuster, bei dem Menschen ihre Leistungen externen Faktoren wie Glück oder der Hilfe anderer zuschreiben und befürchten, als Betrüger entdeckt zu werden.Weitere psychologische Studien haben gezeigt, dass das Impostor-Syndrom mit verschiedenen psychologischen und emotionalen Faktoren wie Selbstzweifeln, Perfektionismus und Versagensangst zusammenhängt.
Der Dunning-Kruger-Effekt hingegen, bezieht sich auf das Phänomen, dass wirklich inkompetente Personen mit geringen Fähigkeiten, ihr Wissen und Können in bestimmten Bereichen maßlos überschätzen. Kurz gesagt beschreibt der Effekt also eine sehr unattraktive Kombination aus Inkompetenz, gepaart mit Selbstüberschätzung. 1999 legten die Psychologen David Dunning und Justin Kruger mit ihrer ersten Erforschung und Beschreibung von diesem Phänomen den Grundstein. Sie beschreiben damit Personen, die in der Regel nicht über die notwendigen metakognitiven Fähigkeiten verfügen, um ihr Wissen und Können objektiv beurteilen und ihre Leistungen realistisch einschätzen zu können. Dazu gehört auch, das nicht vorhandene Verständnis der eigenen Stärken und Schwächen, die Kontrolle des eigenen Lernprozesses und die Anpassung von Strategien, um bessere Ergebnisse zu erzielen. Es handelt sich also um eine kognitive Verzerrung und es kommt häufig vor, dass jene inkompetente Menschen dadurch Fehler begehen, ohne es zu erkennen. In den sozialen Medien kann dies dazu führen, dass sie bedenkliche oder sogar gefährliche Empfehlungen geben, die dem Wohl ihrer Follower schaden können.

Diese Abbildung veranschaulicht die Diskrepanz zwischen dem tatsächlichen Wissen und dem Ausmaß an Wissen, das Menschen glauben zu haben. Personen mit einem hohen Maß an Selbstbewusstsein und einer irrationalen Überzeugung ihrer (eigentlich sehr niedrigen) Kompetenzen sind auf der linken Seite einzuordnen. Hier kommt auch der Dunning-Kruger-Effekt am sogenannten "Peak of Mount Stupid" vor. Im Gegensatz dazu finden sich die Menschen, die von sich selbst denken sie wären Hochstapler, obwohl sie teilweise sogar schon Experten auf ihrem Gebiet sind, in der Mitte bis rechts der Darstellung wieder. Hier schlägt auch das Impostor-Syndrom zu.
Gibt es auch Gemeinsamkeiten?
Auch wenn das Impostor-Syndrom und der Dunning-Kruger-Effekt auf den ersten Blick gegensätzlich erscheinen mögen, haben sie eines gemeinsam. Die fehlerhafte Einschätzung des eigenen Wissens und Könnens, sowie der eigenen Fähigkeiten und Leistungen. Beide Phänomene unterstreichen also die Bedeutung von Selbsterkenntnis, Selbstreflexion und der Fähigkeit, die eigenen Fähigkeiten genau wahrzunehmen und zu bewerten. Das Verständnis dieser Phänomene kann einem helfen, sich seiner eigenen psychologischen Tendenzen bewusster zu werden und darauf hinzuarbeiten, eine genauere und gesündere Sicht seiner Fähigkeiten, Schwächen und Stärken zu entwickeln.
%20(850%20x%20300%20mm)%20(1).png)



Kommentare